(in Kooperation mit Prof. Dr. Giovanni Vian, Universität Ca'Foscari, Venedig)
Laufzeit: 1/2018–12/2020
Der deutsche Katholizismus nach 1900 erlebte eine tiefgreifende Krise, die sich vor allem an der Frage der autonomen politischen, sozialen und kulturellen Tätigkeit der Laien sowie der interkonfessionellen Öffnung bei dieser Tätigkeit entzündete. Die Befürworter einer solchen (relativen) Autonomie und Öffnung standen dabei "integralistischen" Kreisen in Theologie und Laienkatholizismus, im Episkopat und nicht zuletzt innerhalb der römischen Kurie gegenüber, die auf strikte konfessionelle Abgrenzung und hierarchische Kontrolle aller Lebensbereiche setzten. Papst Pius X. setzte diese integralistischen Positionen zumal in Italien (Auflösung der Laienorganisation "Opera die Congressi") und in Frankreich (Verbot des christdemokratischen "Sillon") durch. In Deutschland hingegen konnten sowohl in der Auseinandersetzung um die christlichen Gewerkschaften als auch um den konfessionellen Charakter der Zentrumspartei und nicht zuletzt im "Literaturstreit" um Aufweichungstendenzen innerhalb der katholischen Tendenzliteratur oft kompromisshafte römische Entscheidungen erreicht werden. So wurde in der Enzyklika "Singulari quadam" (1912) wenigstens eine Duldung der interkonfessionellen christlichen Gewerkschaften ausgesprochen. Das Projekt betrachtet diese Auseinandersetzung im europäischen Kontext und rekonstruiert erstmals auf der Basis aller relevanten Akten die innere Meinungsbildung der römischen Kurie im "Integralismus-Streit", dessen Ausgang gewichtige Folgen für die gesellschaftliche Positionierung des deutsche Katholizismus im weiteren Verlauf des 20. Jahrhunderts hatte.